Titel
Nach Rom gehen. Monastische Reisekultur von der Spätantike bis in die Neuzeit


Herausgeber
Erhart, Peter; Hüeblin, Jakob Kuratli
Reihe
Itinera monastica (3)
Erschienen
Köln-Weimar-Wien 2021: Böhlau Verlag
Anzahl Seiten
350 S.
Preis
€ 65,00
von
Arne Karsten, Seminar für Geschichte, Bergische Universität Wuppertal

Der hier anzuzeigende Sammelband vereint dreizehn Beiträge zweier Tagungen, die 2014 im Stiftsbezirk St. Gallen und 2016 am Istituto Svizzero di Roma stattfanden. Der Epochenschwerpunkt liegt auf dem Mittelalter, nur zwei Aufsätze sind frühneuzeitlichen Themen gewidmet. Breit gefächert sind hingegen die inhaltlichen Schwerpunkte und methodischen Ansätze. So finden sich eher überblicksartige Darstellungen (etwa von Alfons Zettler und Peter Erhart), daneben Aufsätze, die auf knappen Raum die Ergebnisse umfassenderer Untersuchungen zusammenfassen (zum Beispiel von Milena Svec Goetschi und Beat Immenhauser), sodann die Darstellung von Reisen einzelner Geistlicher (von Philipp Lang und Andreas Rehberg) bzw. einer Reliquientranslation von Elena Gritti. Schliesslich werden zwei bisher unedierte Texte aus den Klöstern Einsiedeln und Michaelbeuern erstmals abgedruckt, ins Deutsche übersetzt und kommentiert.

Auf diese Weise bietet der Band natürlich kein homogenes, aber dafür buntes und zum Weiterdenken anregendes Bild der Mobilität von Geistlichen in der Vormoderne. Höchst plastisch schildert etwa Christian Rohr die Mühen und Gefahren des Reisens. Das Problem der kaum zu kontrollierenden und disziplinierenden, vagabundierenden Mönche nimmt Matthew Bryan Gillis in den Blick und Eleonora Destefanis entwickelt in ihrem Beitrag grundsätzliche Überlegungen zum Spannungsverhältnis zwischen dem Ideal der stabilitas loci monastischen Lebens einerseits sowie der Notwendigkeit des Reisen andererseits – sei aus praktischen Gründen, sei es als Pilgerfahrt mit durchaus religiöser Motivation. Im letzten Beitrag des Bandes fragt schliesslich Dieter Richter nach den Spezifika geistlicher Reiseberichte.

Doch nicht nur im Hinblick auf Theorie und Praxis des Reisens von Geistlichen hat der Band viel zu bieten, auch der Romforscher kommt bei der Lektüre der Aufsätze immer wieder auf seine Kosten. So wenn er erfährt, dass nordalpine Vorbehalte gegenüber der Ewigen Stadt sich bis ins Frühmittelalter zurückverfolgen lassen, heisst es doch schon in einem St. Galler Gedicht aus dem 9. Jahrhundert: «Nach Rom gehen: Viel Mühe, wenig Nutzen!» (S. 103). Von drehbuchtauglicher Anschaulichkeit sind dann die Passagen, in welchen der Abt von Einsiedeln Adam Heer seine Bemühungen schildert, gelegentlich seiner Romreise 1574/75 die Privilegien seines Klosters von der Kurie bestätigt zu bekommen. Papst Gregor XIII. zeigt sich geradezu verzückt von der Heiligkeit dieses Ortes, verweist den Abt aber an die Kardinäle Pellevé und Alciati, und diese ihn wiederum an den Kardinal und Bischof von Konstanz Mark Sittich von Hohenems (in dessen Bistum Einsiedeln ja liegt), der den armen Adam Heer ebenfalls mit freundlichen Worten abspeist: «Er wyste wol was Einsydlen für ein heylig orth were, und so ein herlich alt gotzhuss es billich für andere solt mer gwalt haben», in der Sache aber durch den Hinweis auf die formalen Bestimmungen des Trienter Konzils auf Zeit spielte: «diewyl aber das dem concilio Trydentino zu wyder, welte er es bepstlicher Heyligkeyt heymsetzen », was zur Folge hatte, dass der Abt schliesslich unverrichteter Dinge (jedenfalls in diesem Punkt) die Heimreise antreten musste und dies zähneknirschend kommentierte: «wie es dan warlich war, dan wir dess vil mer costen dan nutz zytlicher wyss hettend» (S. 283).

Abkürzungsverzeichnis, Quellen- und Literaturverzeichnis sowie Personenregister und Ortsregister schließen den material- und perspektivreichen Band ab.

Zitierweise:
Karsten, Arne: Rezension zu: Erhart, Peter; Hüeblin, Jakob Kurat (Hg.): Nach Rom gehen. Monastische Reisekultur von der Spätantike bis in die Neuzeit, Wien / Köln / Weimar 2021. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 72 (1), 2022, S. 140-141. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00102>.

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